Dr. med. Darius Widenka
Facharzt für Neurochirurgie
Dr. Ulrike Götz
Fachärztin für Rehabilitative und Physikalische Medizin
Carmen Chapparo-Gomez
Physikalische & Rehabilitative Medizinerin
Wirbelgleiten
Instabilität der Wirbelsäule –
Wirbelgleiten und ihre
Behandlungsmöglichkeiten
Im Laufe eines Lebens kann auf Grund von vielfältigen
Ursachen zu einer Instabilität eines oder mehrerer
Wirbelsäulensegmente kommen. Die häufigsten
Ursachen einer Überbeweglichkeit der Wirbelsäule
sind degenerativ bedingte Wirbelgleiten, die zum Teil
angeboren sind und im Laufe der Zeit voranschreiten
können. Die zweite sehr häufige Ursache einer
Überbeweglichkeit der Wirbelsäule sind
unfallbedingte Verletzungen des Organs. Weitere
Gründe dafür können Bandscheibenvorfälle,
Entzündungen oder Tumorerkrankungen sein.
Da alle diese Grundprobleme eine Instabilität eines
Wirbelsäulensegments verursachen, werden sie auch
im Enddefekt auch gleich, nämlich mit
stabilisierenden Maßnahmen behandelt. Die
Spondylodese oder anders gesagt die
Stabilisierungsoperation bedeutet, dass ein
Bewegungssegment der Wirbelsäule versteift wird.
Das Krankheitsbild des Wirbelgleitens
In diesem Artikel möchte ich am Beispiel des
Wirbelgleitens das Krankheitsbild der
Wirbelsäuleninstabilität mit den Symptomen und
Behandlungsoptionen vorstellen. Das Wirbelgleiten
eines Wirbelsäulensegments entsteht durch
Lockerungen und Verschleiß an Bandscheiben,
Wirbelsäulengelenken und Bändern, die das System
stabilisieren. Diese Tatsache wird auch oft durch
angeborene Fehlanlagen an diesen Strukturen
begünstigt. Die Folge davon ist eine Verschiebung der
Wirbelkörper gegeneinander, die im Laufe der Zeit
weiter voranschreitet. Dadurch wird sehr oft der
Spinalkanal zu eng. Es entsteht eine
Spinalkanalstenose, die zu einer Kompression der
Nervenfaser, die die Beine und den Rücken versorgen,
führt. Zu den Hauptbeschwerden eines Wirbelgleitens
gehören Rücken- und Beinschmerzen, die
vorwiegend bei körperlicher Belastung und bei
bestimmter Körperhaltung auftreten oder sich
verstärken können. Im späteren Stadium der
Erkrankung werden die Schmerzen auch von
Gefühlsstörungen, Lähmungen, Gangstörungen,
sogar von Blasen-, Mastdarmentleerungsstörungen
und Potzenzstörungen begleitet. Die Diagnosestellung
erfolgt unter Zuhilfenahme der Röntgenaufnahmen,
Computertomographie und Kernspintomographie,
wo auch die Ausdehnung (der Grad des
Wirbelgleitens der Spondylolisthesis), ihre Ursachen
und auch die Verhältnisse im Spinalkanal, also eine
mögliche Nervenkompression dargestellt werden
können. Die daraus resultierende
Beschwerdesymptomatik des Patienten wird bei der
eingehenden körperlichen und neurologischen
Untersuchung erhoben.
Therapieoptionen bei Wirbelgleiten
In Abhängigkeit von der Ausprägung der
Beschwerdesymptomatik, vor allem der
Schmerzsymptomatik und Vorhandensein von
sensomotorischen Defiziten (Gefühlsstörungen und
Lähmungen) wird dann über die darauffolgende
Therapieform entschieden. Bei milderen Formen der
Beschwerden kann primär die konservative
Behandlung erfolgen. Diese beinhaltet physio- und
chirotherapeutische Maßnahmen, Nutzung der
Hilfsmittel, Akupunktur, lokale Infiltrationstherapie an
der Wirbelsäule und Schmerzmedikation. Bringt die
konservative Therapie nur unzureichende Ergebnisse
oder schreitet die Instabilität mit ihren
Ausfallerscheinungen fort, muss das Wirbelgleiten
operativ behandelt werden.
Die Goldstandard-Behandlung:
Spondylodese
Eine echte Alternative in der Behandlung einer
symptomatischen Wirbelsäuleninstabilität zu der
operativen Versteifung des betroffenen
Wirbelsäulensegments mittels Spondylodese
(Schrauben-Stab-System und intervertebrale Cage –
Bandscheiben-Ersatz) gibt es nicht. Die
umfangreichen bildgebenden Verfahren sind auch
entscheidend bei der Auswahl der Operationstechnik.
Da bereits leichte und mittlere Formen des
Wirbelgleitens eine deutliche
Beschwerdesymptomatik verursachen können, wird
auch anhand dieser Stadien des Gleitens die
operative Technik demonstriert. Weiterhin
entscheidend für die OP-Technik-Auswahl ist das
Vorhandensein einer konsekutiven
Spinalkanalstenose oder eines Bandscheibenvorfalls.
Operative Techniken und Nachbehandlung
Bei nur einer geringgradigen
Bandscheibendegeneration und noch nicht sehr
fortgeschrittenem Wirbelgleiten kann unter
Umständen auch eine dynamische Stabilisierung mit
begleitetender Dekompression (Aufweitung des
Spinalkanals) vorgenommen werden. Die
beweglichen (dynamischen) Schrauben erlauben
zum Beispiel noch das Vorbeugen und Strecken des
betroffenen Segments, stabilisieren jedoch die
„falschen Bewegungen“, wie das Drehen und
Verkippen des Segments. Die Vorteile dieser Technik
liegen vor allem in Ausnutzung der noch
vorhandenen Wirbelsäulenfunktionen bei
ausreichender Stabilität und einer deutlich
reduzierten Mehrbelastung der Nachbarsegmente.
Wie bereits oben erwähnt, ist jedoch die
Spondylodese unter Zuhilfenahme eines Schrauben-
Stab-Systems und dem intervertebralen Cage als
Bandscheibenersatz der Goldstandard in der
operativen Behandlung eines Wirbelgleitens. Diese
operative Behandlung kann durch mehrere OP-
Techniken bedient werden. Auf Grund der
ausgesuchten Fälle möchte ich hier wohl die am
häufigsten angewandte Technik, nämlich die reine
dorsale Spondylodese, also die über den Rücken
durchgeführte Operationstechnik darstellen.
Postoperative Erholung
Zuerst erfolgt mit minimalinvasiver, perkutaner
Technik, jeweils ein 2,5 cm großer Hautschnitt rechts
und links, die Versorgung der beiden angrenzenden
Wirbelkörper mit 4 Schrauben (2 Schrauben pro
Seite). Anschließend wird über den gleichen
Hautschnitt, aber nur auf einer Seite der Zugang zum
Spinalkanal dargestellt und die Dekompression des
Spinalkanals durchgeführt. Nach einer großzügigen
Entlastung der Nervenstränge wird der
Bandscheibenvorfall entfernt und das
Bandscheibenfach gründlich ausgeräumt. Als
Bandscheibenersatz wird nun eine Cage (ein mit
Knochen gefüllter Kunststoff oder Titan-Implantat) in
den vorderen Bandscheibenfachanteil implantiert.
Zum Schluss wird die Reposition des dislozierten
Wirbelkörpers mit dem Schraubensystem
vorgenommen und die Operation in üblicher Weise
beendet.
Am Tag nach der Operation beginnt die normale
Mobilisation des Patienten. Der Patient kann sitzen,
stehen, gehen und einfach physiotherapeutische
Beübungen durchführen. Nach der Entlassung des
Patienten aus dem Krankenhaus, etwa 7 Tage
postoperativ, besteht zwar noch eine leichte
Einschränkung der Mobilität, diese sollte sich aber
Woche für Woche sukzessive bessern. Dennoch
sollten schwere Rückenbelastungen in den ersten 4
bis 6 Wochen nach dem Eingriff vermieden werden.
Etwa 4 Wochen postoperativ kann mit der
ambulanten Anschlussheilbehandlung in Form von
Krankengymnastik zur Stärkung der Muskulatur
begonnen werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die
Spondylodese bei der Instabilität der
Lendenwirbelsäule eine sehr zuverlässige und
inzwischen auch sichere Behandlungsmethode
darstellt. Die Versteifungsoperation behandelt auch
adäquat die Ursachen des Leidens und nicht nur die
aktuelle Beschwerdesymptomatik. Postoperativ
kommt es normalerweise zu einer raschen und guten
Beschwerdebesserung.
© Dr. med. Darius Widenka